Noch zeigen die Biotech- und Pharmaaktien wenig Bewegung in 2024. Das könnte an den guten Alternativen liegen, die sich links und rechts am Wegesrand finden lassen. Hightech- und KI-Aktien etwa konnten seit Jahresbeginn schon ordentlich zulegen. Wie immer ist es wichtig, den Weizen von der Spreu zu trennen. Während Bayer und Evotec noch ihre Wunden ausheilen müssen, können BioNTech und Formycon zumindest eine Bodenbildung indizieren. Ganz anders stellt sich die Situation beim Gesundheits- und Nanospezialisten FendX Technologies dar, hier gibt es seit Dezember eine Kursverdoppelung zu vermelden. Wir analysieren die Chancen und Risiken in einem volatilen Umfeld.

Bayer und Evotec – Schlechte Nachrichten liefern neue Tiefstkurse

Große Fragezeichen stehen in den Gesichtern der Bayer-Analysten, die seit Monaten ihre Kursziele ständig nach unten revidieren müssen. Zuletzt gab es in den USA eine „Schock-Klage“ über 2 Mrd. USD im Zusammenhang mit Erkrankungen durch Glyphosat. Bereits Ende 2023 musste Bayer (FRA: BAYG, WKN: BAY001, ISIN: DE000BAY0017) einen Erlösrückgang in der Pharmasparte vermelden und zuletzt wurde die als sicher geltende Dividende von 2,40 EUR auf das homöopathische Maß von 0,11 EUR zusammengestrichen. Langfristige Investoren sitzen mittlerweile auf Verlusten von über 80 %, aber der Chart will einfach nicht umkehren. Seit der Monsanto-Übernahme sind 100 Milliarden EUR an Marktwert eingestampft worden. Aktivische Anteilseigner fordern seit Monaten eine Konzernaufspaltung, wobei die Sparte Crop Science die Lasten aus der Übernahme von Monsanto zu tragen hätte. Rein mathematisch ist das zurzeit aber nicht möglich, denn aktuell hält sich der Konzern nur durch seine profitable Pharmasparte über Wasser. Die Ratingagentur Fitch hat ihr Votum bereits auf BBB+ gesenkt, jetzt loten die Leverkusener Juristen die Möglichkeiten nach dem texanischen Teil-Insolvenzrecht aus. Hier könnte man per Sonderantrag Konzernteile ausgliedern und die Aktiv- von der Passivseite trennen. Aber in der jüngeren Geschichte sind die US-Konzerne 3M und Johnson & Johnson mit diesem Ansatz auch schon gescheitert. Nur noch wenige Analysten empfehlen die Bayer-Aktie zum Kauf. Wer hier zugreift, braucht einen langen Atem und ein mitteleres Risikoprofil.

Das Hamburger Biotech-Unternehmen Evotec (FRA: EVT, WKN: 566480, ISIN: DE0005664809) hat auch schon mal bessere Zeiten erlebt. Seit den Querelen um den ausgeschiedenen CEO Dr. Werner Lanthaler kämpft die Aktie um ihr Renommee. Die Stimmung ist wegen schwerwiegender Insider-verstöße insbesondere bei institutionellen Anlegern im Eimer, daher dürfte auch die Refinanzierung des Wachstums demnächst nicht ganz einfach werden. Immerhin gelingt es den Hamburgern mit dem Biotech VC-Unternehmen Claris Ventures eine Rahmenvereinbarung zu schließen, um die Entwicklungsprogramme von Portfoliounternehmen mit Hilfe von Evotecs vollintegrierter Plattform in die Klinik zu beschleunigen. Claris‘ Portfolio konzentriert sich auf Biotech-Unternehmen mit Programmen, die kurz vor klinischen Studien stehen. Es besteht derzeit aus neun Unternehmen aus Italien, der Schweiz und Großbritannien. Claris stellt die Ressourcen, Fähigkeiten und Netzwerke zur Verfügung, um präklinische Studien abzuschließen und nachfolgende klinische Studien durchzuführen. Aktuell kann Evotec bereits die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Claris‘ Portfoliounternehmen IAMA Therapeutics im Bereich von Hirnerkrankungen vermelden. Evotec hat präklinische Services für IAMA erbracht, der Antrag auf klinische Prüfung des Programms IAMA-6 wurde im Dezember 2023 von den Behörden positiv beschieden. Im Januar 2024 gab IAMA die erste Verabreichung in einer FIH Phase-I-Studie bekannt, die von IAMA finanziert und von Evotec geleitet wird. Aufbauend auf der erfolgreichen Zusammenarbeit bietet die Rahmenvereinbarung nun auch weiteren Portfoliounternehmen einen einfachen Zugang zu Evotecs umfassendem Angebot an integrierten Dienstleistungen. Im Abwärtsstrudel tut diese Meldung gut. Die Evotec-Aktie kann seit Vermeldung der Kooperation um knapp 6% zulegen. Anleger dürften aufgrund des jüngsten 40 %-Einbruchs wieder durchatmen.

FendX Technologies – Krankheitserreger fest im Griff

Antibiotika haben die Welt nachhaltig verändert. Mit ihrer Entdeckung vor mehr als 80 Jahren wurden damals tödliche Krankheitserreger zu besiegbaren Feinden. Doch die Freude war nicht von langer Dauer: Immer mehr Keime sind inzwischen resistent gegen Antibiotika, die einst so scharfen Waffen der Medizin sind heute stumpf geworden. „Wir sind an einem Punkt angekommen, der ähnlich erschreckend ist wie die prä-antibiotische Ära: Für Patienten, die mit einem multiresistenten Bakterium infiziert sind, gibt es keine magische Kugel mehr“, erklärte Cesar Arias, Professor für Medizin an der University of Texas bereits vor einigen Jahren im renommierten New England Journal of Medicine. Denn im evolutionären Wettrüsten von Menschen versus Mikrobe holen die Bakterien immer weiter auf. Öffentlich Einrichtungen der Gesundheitsversorgung stehen deshalb vor einem Dilemma. Denn jeder nicht investierte Euro in Vorsorge, Schutz oder Prävention kann sich sehr schnell zum Boomerang entwickeln und die Folgekosten untragbar machen. So müssen die medizinischen Verbände schnellstens umdenken und trotz leerer Kassen eine andere Priorisierung der notwendigen Ausgaben erwirken. Die Zeit drängt.

Das kanadische Unternehmen FendX Technologies (CSE: FNDX, WKN: A3D6WL, ISIN: CA3144601067) hat patentierte Technologien für infektionsmindernde Nano-Beschichtungen in Folien- oder Sprühform entwickelt. Sie sollen vor allem in Arztpraxen, Therapiestätten, Krankenhauseinrichtungen und öffentlichen Gebäuden zum Einsatz kommen. An erster Stelle steht die Prävention, mit dem Ziel Infektionen zu verhindern. Das Anwendungsprofil der Produkte wirkt auf die wichtigen Kontaktpunkte des menschlichen Zusammenlebens. So wird durch die manuelle Veränderung der Oberflächen unter Ausnutzung natürliche Effekte im Nanobereich wie z.B. dem Lotusblüten-Effekt, eine mögliche Keimanhaftung verhindert.

FendX arbeitet seit einigen Jahren mit der McMaster University in Kanada und dem Hersteller Dunmore International Corp. zusammen. Nun hat die McMaster University einen Antrag auf einen Alliance Grant des Natural Sciences and Engineering Council (NSERC) mit FendX Technologies Inc. als Industriesponsor eingereicht. Es betrifft die Entwicklung der Sprayformulierung, die es von McMaster lizenziert hat. Im Falle einer Bewilligung wird dieser Zuschuss der NSERC-Allianz dazu beitragen, die Weiterentwicklung der Spray-Nanotechnologie zu finanzieren, einschließlich der Maßstabsvergrößerung und der notwendigen Tests. Weiterhin verfolgt FendX die Entwicklung eines kommerziellen Sprühprodukts, um berührungsintensive Oberflächen vor Verunreinigungen zu schützen und die Verbreitung von Krankheitserregern einzudämmen.

CEO Dr. Carolyn Myers erklärte: „Wir freuen uns über die erfolgreiche Zusammenarbeit mit McMaster. Da wir gemeinsam unsere Entwicklungsprogramme vorantreiben, unterstützen wir Sponsoring-Zuschüsse, die zur Finanzierung des Fortschritts unserer in der Entwicklung befindlichen Produkte beitragen können.“

Mitte März gelang es dem Unternehmen, 7,85 Millionen Optionsscheine in die Ausübung bei 0,10 CAD zu führen. Damit flossen 785.000 CAD für die weiteren operativen Aufgaben zu. Mit dem erhöhten Kassenstand kann FendX seine Vorhaben nun beschleunigen, damit die innovativen Produkte schnell in die Vertriebsphase übergeführt werden können. Geneigte Anleger nahmen die guten Nachrichten zum Anlass für weitere Käufe. Seit dem Jahreswechsel hat sich die Aktie von 0,16 CAD auf 0,34 CAD gut verdoppelt. Das sollte nicht das Ende der Fahnenstange sein.

Formycon und BioNTech – Das könnte spannend werden

Nach monatelanger Konsolidierung gibt es beim Münchener Biosimilar-Spezialisten Formycon (XETRA: FYB, WKN: A1EWVY, ISIN: DE000A1EWVY8) nun endlich Bewegung. Zusammen mit seinem FYB202-Partner Fresenius Kabi meldet man für den Stelara-Biosimilar-Kandidaten eine Settlement-Vereinbarung mit dem US-Riesen Johnson & Johnson. Details zu den Vereinbarungen nannte man gestern angesichts vereinbarter Vertraulichkeit allerdings nicht. Denn das Biosimilar FYB202 befindet sich bei den Gesundheitsbehörden in Europa und den USA noch in der Zulassungsprüfung. Das Produkt soll zur Behandlung verschiedener schwerwiegender inflammatorischer Erkrankungen eingesetzt werden. Bereits Ende Januar konnten die Münchener mit dem ungarischen Pharma-Unternehmen Gedeon Richter einen neuen Ankeraktionär gewinnen. Die Osteuropäer zeichneten in einer Kapitalerhöhung ohne öffentliches Bezugsrecht Aktien im Gesamtwert von mehr als 82,8 Mio. EUR und besitzen nun 9,08 Prozent der Anteile. Die mehr als 1,6 Millionen neuen Anteilscheine gab Formycon zu 51,65 EUR je Aktie aus, gestern stand der Wert mit 46,30 EUR aber schon wieder 10 % unter dem Level dieser Kapitalmaßnahme.

Beide Unternehmen arbeiten bereits intensiv zusammen: „In den letzten Jahren haben wir eine sehr vertrauensvolle und erfolgreiche operative Zusammenarbeit mit Gedeon Richter aufgebaut, indem wir ihre hochmodernen Herstellungskapazitäten genutzt haben”, kommentierte CEO Stefan Glombitza. „Zudem gewinnen wir einen renommierten Kooperationspartner als Ankerinvestor”, so CFO Enno Spillner. Formycon will den Emissionserlös aus der Kapitalerhöhung vor allem für die Weiterentwicklung der bestehenden Biosimilar-Pipeline, insbesondere für die Projekte FYB206, FYB208 und FYB209, verwenden. Der Cash-Zufluss sichert die Finanzierung der umfangreichen Forschungsmaßnahmen. Mit der neuen Aktienzahl beträgt die Marktkapitalisierung der Münchener nun 726,5 Mio. EUR. Der interessante Wert notiert aktuell auf 3-Jahrestief. Hoch Interessant!

Bei der Aktie des Mainzer Biotech-Riesen BioNTech (NASDAQ: BNTX, WKN: A2PSR2, ISIN: US09075V1026) scheiden sich die Geister. Zwar kamen die Klagen in Zusammenhang mit den strittigen Corona-Impfungen nie so richtig auf den Tisch, trotzdem fragen sich Investoren, warum das innovative Unternehmen aus Mainz so gar nicht mehr von der Stelle kommt. Es könnte aber auch die Anspannung im Vorfeld der diesjährigen Jahrestagung der American Association for Cancer Research („AACR“), die vom 5. bis 10. April 2024 in San Diego, stattfindet, bedeuten. Denn die Mainzer werden dort klinische Studiendaten für ausgewählte Kandidaten aus ihrer Onkologie-Pipeline präsentieren. Die Daten-Updates sollen im Rahmen von Vorträgen und Poster-Präsentationen vorgestellt werden. Sie umfassen Prüfpräparate aus BioNTechs mRNA-basierten Krebsimpfstoffansätzen sowie innovative Ansätze für Antikörper-Wirkstoff-Konjugate. „Unsere mRNA-Krebsimpfstoff-Ansätze in der klinischen Prüfung sind eine wichtige Säule in unserem Onkologie-Portfolio. Sie zielen darauf ab, verbliebene Tumorherde zu beseitigen und die Tumorlast zu verringern, indem sie mehrere Antigene gleichzeitig adressieren.“ sagte Prof. Dr. Özlem Türeci, Mitbegründerin und Chief Medical Officer von BioNTech.

Aufregend wird es allerdings schon vorher, denn am 20 März wird BioNTech die Bilanz für das Jahr 2023 vorlegen. Dann wird CEO Ugur Sahin sicherlich auch in die Zukunft blicken und seine Verwendungs-Optionen für die 17 Mrd. EUR Kassenguthaben offenlegen. Findige Anleger könnten auch auf eine Ausschüttung der Barmittel drängen. Immerhin zählt BioNTech zu den wenigen „Pandemie-Gewinnern“ und verdiente mit dem Verkauf von Impfstoffen über 20 Mrd. EUR. Exakt dort liegt heute auch die Marktkapitalisierung des Unternehmens. Kann man in der Onkologie Erfolge aufzeigen, wäre der lange Seitwärtschart schnell Geschichte. Man sollte deshalb immer ein wachsames Auge auf die Mainzer richten. Ein schnelles Aufspringen bei steigendem Momentum dürfte aktuell der beste Rat sein!

US09075V1026

FAZIT

Für Biotech-Investoren hat das Jahr 2024 in der Breite noch keine großen Renditen geliefert. Das liegt nach wie vor am starken Zinsumfeld, welches immer wieder nötige Refinanzierungen erschwert. Die Pipelines der Unternehmen sind dennoch gut gefüllt und kommt es zu überraschenden Zulassungen oder neuen Entdeckungen, kann es wie am Beispiel von FendX Technologies auch mal schnell mit der Kursentwicklung nach oben gehen. Der besonnene Investor legt viele Eier in den Korb, um das Durchschnittsrisiko auf einen adäquaten Level zu senken.

++ Diese Meldung ist keine Anlageberatung oder Aufforderung zum Abschluss bestimmter Börsengeschäfte. Bezüglich der Pflichtangaben gem. §34b WpHG und des Haftungsausschlusses lesen Sie bitte unseren Disclaimer: https://www.nebenwerte-online.de/disclaimer ++

Verfasst von nebenwerte ONLINE Redaktion

nebenwerte ONLINE ist ein neuer, deutschsprachiger Börsenblog für Nebenwerte weltweit. Dank fundierter Recherche und globalem Expertennetzwerk berichtet nebenwerte ONLINE regelmäßig exklusiv über spannende Wachstum-Stories aus dem Bereich der Small- und Midcap Aktien und bietet börseninteressierten Lesern somit mit eine effiziente Informationsplattform für Investment- und Tradingchancen.

Hinterlassen Sie ein Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert