Die Energiewende in Europa steckt an mehreren Stellen in der Zwickmühle. Erstens führen die raschen Aufbauziele für Wind- und Solarleistung und die unzureichende Ausbaugeschwindigkeit von Netzen und Speicheranlagen zu Integrationsproblemen und Anschlussverzögerungen. Derzeit gibt es konservativ geschätzt rund 1.700 GW an Projekten, welche auf Netzanschluss warten. Zweitens sorgen die volatile Erzeugung, fehlende kurzfristige Flexibilität und unzureichende Kapazitäten für Langzeitspeicherung für steigende Strompreise und mittelfristige Versorgungsrisiken. Drittens haben politische Entscheidungen, zum Beispiel die frühzeitige Abschaltung fossiler Kraftwerke ohne gleichzeitigen Aufbau von Back-up-Kapazitäten, Europa sehr verwundbarer gemacht. Aber auch in den USA führt der Technologieboom rund um Cloud- und KI-Dienste zu einem Stromverbrauchsanstieg von über 7 % per annum, das ist wesentlich stärker als das Wachstum der Bevölkerung. Dreh- und Angelpunkt ist die Versorgung mit Kupfer. Hier sehen Experten mit Blick auf 2030 eine große Angebotslücke. Wo liegen die Chancen für Anleger?
Staaten weltweit versuchen in unterschiedlichem Maße, das Thema GreenTech auf den Weg zu bringen. Was es hierfür dringend braucht, sind günstige Energie- und Metall-Rohstoffe. Die Europäische Kommission hat die Liste kritischer Rohstoffe gerade nochmal verlängert. Sie ist ein Gradmesser für das Versorgungsrisiko der europäischen Wirtschaft. Genehmigungs- und Flächenkonflikte, Materialengpässe und Fachkräfteknappheit sowie die verzögerte Umsetzung von Infrastrukturprojekten gelten als Hemmschuhe der aktuellen Entwicklung. Hinzu kommen geopolitische Abhängigkeiten, denn der massive Bedarf an Metallen und Halbleitern für Netze, Elektrofahrzeuge und Speicher schafft Konkurrenz um wichtige Rohstoffe wie Kupfer. Analysen großer Marktakteure prognostizieren für 2025 ein Kupferdefizit von etwa 230.000 Tonnen, welches in 2026 schon deutlich auf über 400.000 Tonnen ansteigt. Dieses erwartete Defizit entsteht durch kombinierte Faktoren: Verlangsamte Produktionszuwächse, Qualitäts- und Förderprobleme in bestehenden Bergwerken sowie stark wachsende Nachfrage aus Elektrifizierung und Digitalisierung.
Für die EU ist die Versorgungssicherheit deshalb schon politisch zur Priorität geworden. Mit der Verabschiedung des European Critical Raw Materials Act werden Förderung, Verarbeitung und Diversifizierung entlang der Wertschöpfungskette gestärkt. Zusätzlich fördert die EU gezielt strategische Partnerschaften mit Rohstofflieferanten, Investitionen in Recycling und urbane Minen sowie Beschleunigungen bei Genehmigungsverfahren und Forschung. Auf US-Seite wurden ebenfalls mehrere Instrumente aktiviert: Die aktuelle Regierung erweitert die Liste kritischer Mineralien, investiert in heimische Verarbeitungskapazitäten und nutzt Förderprogramme (z. B. aus dem Inflation Reduction Act und CHIPS-Rahmen), um Abhängigkeiten von Übersee zu verringern. Washington setzt außerdem auf Partnerschaften mit Lieferländern und flankierende Finanzierungs- und Garantiewerkzeuge, um Lieferketten kurzfristig resilienter zu machen.
BHP und Rio Tinto – Die Titanen im Metall-Sektor
Für westliche Regierungen gelten die Batterierohstoffe Kupfer und Nickel neben Graphit, Lithium und Kobalt als kritisch. Vor allem im Zeitraum von 2025 bis 2040 sehen Forschungsinstitute große Engpässe auf dem Kupfermarkt, denn jährlich müssten ca. 6 Kupfer-Bergwerke neu an den Start gehen, um den wachsenden Bedarf zu decken.
Der Bergbauriese Rio Tinto (ISIN: GB0007188757 | WKN: 852147) sieht für die chinesischen Märkte bereits heute eine Stagnation in der Stahlproduktion, deshalb konzentrieren sich neue Projekte eher im Bereich kritischer Metalle. Rio Tinto hat für die nächsten Jahre erhebliche Investitionen in Höhe von jährlich 7 bis 10 Mrd. EUR in neuen Bergbauanlagen geplant. Ein bedeutender Schwerpunkt liegt auf der Kupfermine Oyu Tolgoi in der Mongolei, welche voraussichtlich ab 2028 jährlich 500.000 Tonnen Kupfer liefern wird. Für das Kupfergeschäft sieht Rio Tinto bereits für 2025 eine deutlich gesteigerte Produktion voraus: Die Förderung soll zwischen 780.000 und 850.000 Tonnen liegen. Langfristig visiert Rio Tinto sogar eine Jahresproduktion von 1 Mio. Tonnen Kupfer an, um seine Rolle als strategischer Rohstofflieferant für Elektrifizierung, Infrastruktur und Energiewende zu festigen. Während das klassische Eisenerzgeschäft momentan schwächer läuft, sollen Kupfer neben Lithium und Aluminium künftig die zentrale Säule des Konzernportfolios werden. Mit der Übernahme von Arcadium Lithium plc hat Rio seine Aktivitäten im Bereich Lithium stark erweitert, um am wachsenden Markt für Batteriematerialien teilzuhaben. Das Eisenerzprojekt Simandou in Guinea steht kurz vor dem Produktionsstart, auch wenn die Planungen für Eisen derzeit einen rückläufigen Markt vorsehen.
Der australische Konkurrent BHP Group (ISIN: AU000000BHP4 | WKN: 850524) will sich auch nachhaltiger aufstellen und stark in die Energiewende investieren. Die Australier fahren eine klare Wachstumsstrategie für Kupfer. So meldete der Konzern für das Geschäftsjahr 2025 eine Rekordproduktion von über 2 Mio. Tonnen Kupfer, was einem Plus von etwa 8 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Besonders sticht die Mine Escondida in Chile hervor, deren Produktion um rund 16 % stieg und damit ihren höchsten Wert seit vielen Jahren erreichte. Zudem leistet der Teilkonzern Copper SA in Südaustralien mit Minen wie Olympic Dam wichtige Beiträge, dort fließen derzeit erhebliche Investments von über 840 Mio. AUD in Ausbau- und Effizienzprojekte unter Tage. Parallel dazu verstärkt BHP seine Explorations- und Akquisitionsaktivitäten: In diesem Jahr gründete der Konzern gemeinsam mit Lundin Mining das Joint Venture Vicuña Corp., um die Kupferprojekte Filo del Sol und Josemaria in der Grenzregion von Argentinien und Chile zu entwickeln. Damit will BHP seine Reservenbasis deutlich ausweiten und seine Position als global führender Kupferproduzent langfristig festigen. Sowohl Rio Tinto als auch BHP sind langfristig erfolgreiche Unternehmen mit solider Ausschüttung zwischen 4,7 und 6,5 % und einer breiten Sektor-Abdeckung. Investoren sollten sie langfristig als Basisanlagen allokieren.
Gunnison Copper und Arctic Minerals – Nachfolger in kritischen Märkten
Wer im Bereich kritische Metalle gut positionierte Nachfolger sucht, ist mit Unternehmen oder Explorern gut beraten, die ihre Liegenschaften bereits im Umfeld größerer Bergbau-Ansiedlungen bewirtschaften. Das verkürzt Genehmigungszeiten und lenkt die Aufmerksamkeit eines „Majors“ auf die Erkundungs-Aktivitäten des deutlich kleineren „Juniors“. Wenn es um den Ausbau der US-Förderung wichtiger Metalle geht, blicken Investoren auf den kanadischen Developer Gunnison Copper Corp. (ISIN: CA4028801088 | WKN: A40TP4), der in Arizona ein Projekt mit der Rio Tinto-Tochter Nuton vorantreibt. Das Unternehmen etabliert sich als dynamischer Kupferproduzent und nutzt den strukturellen Mangel am US-Inlandsmarkt gezielt aus. Kürzlich Gunnison mit der Johnson Camp Mine den Produzentenstatus erreicht und verkauft seit September 2025 erste Kupferkathoden an lokale Industriekunden. Die Partnerschaft mit Rio Tinto bringt innovative Haufenlaugungstechnologien ein, was Energie und Wasser spart und den Betrieb sehr effizient gestaltet. Gleichzeitig bildet das Gunnison-Projekt den Kern mit einem Nettobarwert von 1,26 Mrd. USD, einer 18-jährigen Produktionsdauer und geplanten 80.000 Tonnen Kupfer jährlich.
Die kompakte Lage im Cochise Mining District mit zwölf Lagerstätten minimiert Logistikkosten und profitiert von etablierter Infrastruktur wie Schienenanschluss und Säureanlage. Eine umweltorientierte, staatliche Förderung durch das 48C-Programm in Höhe von 13,9 Mio. USD unterstreicht die strategische Relevanz für die US-Rohstoffsicherheit. Ein baldiges PEA-Update wird Säureeinsparungen und Kalksteineinnahmen einbeziehen, um die Vormachbarkeitsstudie vorzubereiten. Das nahe Strong and Harris-Projekt erweitert das Portfolio um Kupfer, Zink und Silber für diversifizierte Einnahmen. Im Vergleich zu Wettbewerbern wie Hudbay oder Taseko hebt sich Gunnison durch den Vorteil eines integrierten Distrikt-Modells, d.h. einer laufenden Produktion an der Seite eines starken Technologiepartners. eine laufende Produktion, Distrikt-Integration und Technologievorsprung deutlich von der Konkurrenz ab. Heimische Produzenten profitieren zudem von geopolitischen Vorteilen und bergbaufreundlicher Politik unter Präsident Trump. Die laufenden Erlöse aus Johnson Camp reduzieren Risiken und finanzieren die geplanten Rückzahlungen bis 2030, während Gunnison auf ein künftiges Milliardenpotenzial hinarbeitet. Nach einer kürzlichen Kapitalerhöhung verfügt Gunnison über 22,8 Mio. USD Liquidität bei einer Marktkapitalisierung von rund 140 Mio. CAD, was die Bewertung derzeit hochattraktiv macht. Eine Neubewertung der Aktie rückt in greifbare Nähe, sobald die nächsten Meilensteine fallen.
Was für die USA gilt, sollte sich insbesondere Europa auf die Fahnen schreiben, denn die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Bergbau sind auf dem hiesigen Kontinent auf wenige Jurisdiktionen beschränkt. Im Süden Schwedens befindet sich der Explorer Arctic Minerals AB (ISIN: SE0024172779 | WKN: A411LJ). Das Unternehmen illustriert in 2025 beispielhaft, wie europäische Explorationsunternehmen trotz politischer Trägheit ein erhebliches Rohstoffpotenzial freilegen können. Denn mit den jüngsten geophysikalischen Arbeiten am Kupfer-Gold-Projekt Swan Lake setzt der Explorer einen klar strukturierten Schritt zur Definition neuer Bohrziele, was die technische Reife des Projekts weiter erhöht. Die Lage zwischen den Porphyrlagerstätten Aitik und Laver verstärkt die Wahrscheinlichkeit eines großvolumigen Systems, zumal frühere Proben und magnetische Anomalien bereits strukturgebundene Kupfer-Gold-Mineralisierung nachgewiesen haben. Dass sowohl epithermal veränderte Lithocaps als auch porphyrische Systeme möglich sind, verleiht dem Projekt ein multidimensionales Explorationspotenzial.
Die Relevanz der Projekte steigt in dem Maße, in dem Europa Gefahr läuft, in der globalen Rohstoffpolitik weiter zurückzufallen. Während die USA, Kanada und andere Industrienationen aktiv durch Subventionen, Kredite und Abnahmegarantien eingreifen, verharrt die EU trotz Ankündigungen weitgehend in regulatorischer Komplexität. Hohe Energiekosten, unattraktive Raffinierungsgebühren und zusätzliche Belastungen, wie z.B. der geplante niedrige Kobaltgrenzwert, verschlechtern die Wettbewerbsfähigkeit weiter. Branchenvertreter warnen daher, dass ohne gezielte politische Unterstützung Investitionen und Wertschöpfung in Nicht-EU-Länder abwandern. Vor diesem Hintergrund gewinnt das zweite Kernprojekt, Hennes Bay, besondere Bedeutung: Die dortige Mineralressourcen-Schätzung (MRE) zeigt mit 55,39 Mio. Tonnen über 1,0 % CuEq bereits substanzielle Ressourcen in einem europäischen Tier-1-analogem geologischen Setting. Da die Schätzung nur auf einem kleinen historischen Bohrgebiet beruht, ist das Wachstumspotenzial außergewöhnlich hoch. Dass der Markt dies auch erkennt, zeigt die Kursvervielfachung binnen eines Jahres. Letztlich verdeutlicht das Unternehmen aber auch, dass Europas Herausforderung weniger geologischer Natur ist, sondern eindeutig politisch und strukturell gelagert ist. Die Aktien von Arctic Minerals werden an der NASDAQ North in Stockholm notiert, sind aber auch gebührenschonender in Frankfurt erhältlich. Mit einer Marktkapitalisierung von nur 16,7 Mio. EUR steht der Explorer erst am Anfang der Bewertungskurve, das mittelfristige Aufwertungs-Potenzial ist gigantisch.
Siemens Energy und Nordex – Höchststände in der GreenTech-Industrie
GreenTech-, HighTech- und Rüstungsunternehmen sind heute die größten Abnehmer von strategischen Metallen. Wie schnell die Börse politische Stimmungslagen verarbeitet, sieht man am Aufschwung der deutschen Parade-Energiewende-Titel Siemens Energy und Nordex. Mit Kursanstiegen von 128 % bzw. 117 % führen sie die Rendite-Liga im Bereich GreenTech an.
Siemens Energy (ISIN: DE000ENER6Y0 | WKN: ENER6Y) war der Shooting-Star unter den GreenTech-Titeln in den letzten 20 Monaten. Mit einer fulminanten Rally vervielfachte sich der Kurs von 6,40 auf rund 117,7 EUR in der Spitze. Siemens Energy hat im Geschäftsjahr 2025 mit einem Nettogewinn von 1,69 Mrd. EUR viele Kritiker überzeugt der Free Cashflow vor Steuern kletterte auf 4,67 Mrd. EUR. Vor 2 Jahren hatte der Konzern wegen den Problemen bei Siemens Gamesa eine Staatsbürgschaft beantragen müssen. Das ist nun Schnee von gestern, der Konzern steht besser da denn je. Mitunter schlägt der Konzern auch alle selbst gesetzten Ziele. Der Vorstand schlägt erstmals seit Jahren wieder eine Dividende von 0,70 EUR je Aktie vor. Parallel dazu kündigte Siemens Energy ein jährliches Umsatzwachstum im niedrigen zweistelligen Bereich und eine EBITDA-Marge zwischen 14 und 16 % an. Phänomenal was die Münchener für einen Turnaround erreicht haben. Analysten auf der Plattform LSEG sehen ein 12-Monats-Kursziel von 130 EUR, vom aktuellen Niveau ist das nicht mehr allzu euphorisch weit entfernt.
Auch Nordex (ISIN: DE000A0D6554 | WKN: A0D655) zeigte eine Top-Performance in den letzten Wochen. Die Hamburger sind einer der größten deutschen Vertreter im Ausbau erneuerbarer Energien in Sachen Windenergie. In Q3 gelang eine marginale Umsatzsteigerung auf 1,7 Mrd. EUR, das EBITDA konnte aber um 90 % auf 135,9 Mio. EUR zulegen. Die Marge erreichte sogar den mittelfristigen Zielkorridor des Managements von 8 bis 11%. Der Auftragseingang legte deutlich auf 2.170 MW zu, wodurch das gesamte Orderbuch auf einen Rekordwert von etwa 14,9 Mrd. EUR anwuchs. Produktions- und Installationsmengen stiegen ebenfalls zweistellig, während der freie Cashflow mit 149 Mio. EUR verharrte. Insgesamt zeigt Nordex ein profitableres, wachstumsstarkes Quartal mit verbesserter Marge und solider finanzieller Basis.
Fazit
Wie die USA hat auch die Europäische Union eine Mammut-Aufgabe in der Sicherstellung ihrer Metall-Lieferketten zu bewältigen. In Brüssel müssen daher den üppigen Lippenbekenntnissen in den nächsten Monaten auch Taten folgen, um die hohe Investitionsbereitschaft der privaten Industrie in veritable Rohstoff-Projekte umzumünzen. Hier braucht es in erster Linie Deregulierung, Umsetzungswillen und beschleunigte Genehmigungsprozesse. Die US-Administration unter Donald Trump hat mit dem Leitspruch „Drill Baby Drill“ eine Steilvorlage an die Bergbau-Industrie gesendet. Erste Großprojekte befinden bereits in der Umsetzung. Für Investoren sollte damit ein guter Teil des Portfolios in Rohstoff-Unternehmen fließen. Standardwerte wie Rio Tinto und BHP bilden die Basis, eine strategische Ergänzung bieten die ausgezeichnet positionierten Nebenwerte Gunnison Copper und Arctic Minerals. Dass auch eine Beimischung von GreenTech Sinn macht, zeigt die herausragende Performance von Siemens Energy und Nordex. Eine diversifizierte Mischung macht aus Risikoaspekten am meisten Sinn.
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