„Wenn man sich erst einmal von einer virtuellen Welt in die andere begeben kann, wird das Wachstum, das wir gegenwärtig erleben, wie eine flaue Stagnation erscheinen“, sagte Steve Prentice vom Marktforschungsinstitut Gartner anlässlich der Fachkonferenz Virtual Worlds in New York. Was klingt wie eine aktuelle Aussage zum Begriff Metaversum ist in Wirklichkeit ein Zitat aus dem Jahr 2007. In der Plattform Second Life glaubte man damals die Zukunft des Internets zu sehen. 15 Jahre später existiert die alternative Realität, die mit dem Ziel antrat, ein Metaversum zu erschaffen, wie es in dem Roman Snow Crash von Neal Stephenson beschrieben wird immer noch. Durch den technologischen Fortschritt verlor diese Form einer holprigen 3D-Realität allerdings zunehmend an Bedeutung.
Trendsetter Second Life
Mit Second Life wollte der Hersteller Linden Lab eine vom Benutzer bestimmte Parallelwelt von allgemeinem Nutzen erschaffen, in der Menschen interagieren, spielen, Handel betreiben und kommunizieren können. In vielen Belangen war man damit der Zeit voraus: Als Plattform sozialer Interaktion war Second Life verfügbar, ehe Facebook auf Deutsch existierte. Alle selbst erschaffenen und die meisten anderen Objekte innerhalb von Second Life können nach freiem Ermessen gehandelt werden. Als Währung dient hier der Linden-Dollar, der an der LindeX-Wechselbörse in eine reale Währung transferiert werden kann, wodurch einnahmen aus Second Life in den realen Wirtschaftskreislauf eingebunden werden. Heute bestimmt die Blockchain-Technologie digitale Währungen und Besitztümer, wobei es den Bitcoin erst seit 2009 gibt und die ersten sogenannten Non-Fungible Token (NFTs) sogar erst seit 2017. Auf der Homepage von Second Life heißt es, dass in den letzten 17 Jahren große Unternehmen und Bildungseinrichtungen Second Life für Meetings, Konferenzen und Zusammenarbeit aus der Ferne genutzt haben. Seit Beginn der Pandemie gehören virtuelle Meetings über Skype, MS Temas oder Zoom zum Berufsalltag, nicht jedoch über Second Life. Auch wenn die Plattform den Begriff maßgeblich mitgeprägt hat, wird der zukünftige Metaversum-Markt wohl von anderen Marktteilnehmern bestimmt werden.
Warum das Metaversum jetzt kommt, um zu bleiben
Die Welt heute ist eine andere als 2007. Blockchain, Kryptowährungen, NFTs, Online-Shopping, Wearables, 5G, künstliche Intelligenz, soziale Netzwerke, Kollaboration-Tools und vor allem Virtual Reality sind mittlerweile etablierte Technologien. Ein Metaversum, welches diese zu nutzen weiß, entsteht auf einer gemachten Wiese. Zudem verfügen die Unternehmen, die sich jetzt in Stellung bringen, bereits über einen großen Kundenstamm und/oder gigantische Nutzerzahlen. In ihren Visionen soll das Metaversum zukünftig die nächste Evolutionsstufe des Internets bilden. Das heutige Internet setzt sich aus zahlreichen Webseiten, Communities und Foren zusammen. Das Metaversum soll dieser Sphäre eine Art räumlicher Verkörperung geben. Noch weiß niemand, wie das genau aussehen wird, aber wenn es so weit ist, könnte dies, wie einst das Internet, die komplette Weltwirtschaft für immer verändern. Viel Potenzial also für Anleger, die in die richtigen Unternehmen investieren und Grund genug sich einige der voraussichtlich wichtigsten Metaversums-Markteilnehmer genauer anzuschauen.
Meta Platforms (WKN: A1JWVX ISIN: US30303M1027)
„Es ist an der Zeit, dass wir eine neue Unternehmensmarke annehmen, die alles umfasst, was wir tun, um widerzuspiegeln, wer wir sind und was wir aufzubauen hoffen. Ich bin stolz, Ihnen mitteilen zu können, dass unser Unternehmen ab heute Meta heißt“, verkündete Facebook-Mitgründer Mark Zuckerberg am 28. Oktober 2021. Mit der Namensänderung verdeutlicht er seinen festen Glauben an die Vision eines Metaversums, welches sein Unternehmen mit zum Leben erwecken will. Mit den Quest-Headsets bietet es bereits die passende Hardware, um virtuelle Welten zu erleben. Durch die Smartglasses soll künftig die reale Welt mit dem Metaversum auf einfache Art und Weise verschmelzen. Durch einfache Berührung entstandene Audio- und Videoaufnahmen, können dann direkt ins Metaversum eingebettet werden.
NVIDIA (WKN: 918422 ISIN: US67066G1040)
Auf Seiten der Hardware dürften vor allem die Grafikprozessoren des kalifornischen Unternehmens dafür sorgen einen flüssigen Zugang zum Metaversum zu gewährleisten. Mit NVIDIA Omniverse hat man zudem eine Echtzeit-3D-Design-Kollaborations- und Simulationsplattform für virtuelle Welten geschaffen. Künstler, Designer und Kreative sollen die Omniverse-Tools nutzen, um 3D-Gegenstände und Szenen zu erstellen und dem Metaversum so Kontur verleihen. So sollen sie vernetzte virtuelle 3D-Welten für Handel, Unterhaltung, Kreativität und Industrie schaffen. Die grenzenlosen Welten im Metaversum sollen mit Geschäften, Häusern, Menschen, Robotern, Fabriken und Museen, also einer überwältigenden Menge an 3D-Inhalten, gefüllt sein. Die Produktion dieser Inhalte ist eine Herausforderung, da in der Regel mehrere, oft inkompatible Tools benötigt werden. Omniverse schafft hier eine einfache Möglichkeit diese unabhängigen 3D-Designwelten zu verbinden.
Shopify (WKN: A14TJP ISIN: CA82509L1076)
Auf den ersten Blick ist Shopify eine Software, die es Händlern ermöglicht mit wenigen Klicks eine eigene Website zu erstellen und ihr Geschäft online zu bringen. Was Shopify allerdings von Wettbewerbern abhebt, sind Kooperation und die dadurch entstehende Vielzahl an Vertriebskanälen. Ganz gleich wo interessierte Käufer auf interessante Produkte stoßen – ob auf Google, Facebook, Instagram, TikTok, Pinterest und vielen mehr – Shopify ist als Einkaufslösung bereits fest integriert. „Wir glauben, dass die Zukunft des Handels überall sein wird“, antwortete Shopify-CEO Harley Finkelstein, nachdem er nach dem Metaversum gefragt wurde, womit klar sein dürfte, dass er auch dort Fußfassen wird. Durch zwei strategische Entscheidungen begann das kanadische Unternehmen im letzten Jahr bereits sein Geschäft dahingehend auszurichten. Die erste war die Übernahme der Augmented-Reality-App Primer. Mit Ihr können Nutzer, z.B. vor dem Kauf eines Möbelstücks, die Auswirkungen des Produkts in ihren eigenen vier Wänden sehen. Ein leistungsfähiges Tool, wenn es darum geht Einkaufserlebnisse in einer digitalen Welt aufzubauen. Der zweite Schritt war die Einführung einer neuen NFT-Plattform, die es ermöglicht digitale Gegenstände zu verkaufen.
Bis solche Gegenstände tatsächlich in einem Metaversum verkauft werden, vergehen selbst nach der Meinung der größten Enthusiasten wohl noch mindestens zehn Jahre. Interessierte Investoren könnten also jetzt günstig einsteigen, benötigen allerdings einen langen Atem. Immerhin wird dann, wenn mehrere virtuelle Welten miteinander verschmelzen, das eingangs erwähnte Zitat von Steve Prentice endlich Realität.
Dieser Artikel erschien erstmalig auf trendbulls.com und wurde über nebenwerte-online.de verbreitet.
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